Studie: So stimmen sechs große deutsche Investoren bei ESG-Themen ab

Fair Finance International hat das Abstimmungsverhalten zu ESG-Themen von sechs großen deutschen Investoren untersucht. In der Bewertung landen Sie im Mittelfeld. Die NGO fordert klare Richtlinien für das Abstimmungsverhalten, mehr Transparenz und proaktives Verhalten sowie stringente interne Kontrollprozesse.

Die Studie mit dem Titel Voting behaviour of German investors Analysis of active ownership strategies on selected ESG resolutions im Auftrag von Fair Finance International untersuchte das Abstimmungsverhalten in den Jahren 2019 und 2020 von folgenden sechs großen deutschen Inverstoren: Allianz, Alte Leipziger, AXA, Deka, Deutsche Bank und R+V. Dafür wurden 43 Aktionärsanträge ausgewählt, 28 davon mit Bezug zum Klimawandel, 15 im Zusammenhang mit Menschenrechten, sozialen oder governance-bezogenen Fragestellungen. Fair Finance ist eine internationale Nichtregierungsorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, verantwortungsbewusstes Wirtschaften mit finanziellen Ressourcen kritisch zu hinterfragen und zu fördern.

Die Auswertung der Daten ergab, dass alle Investoren, auf einer Skala von 0 bis 10, eine Punktzahl zwischen 5.6 und 7.7 erreichten, wobei eine hohe Punktzahl eine hohe Zustimmungsrate zu ESG-Resolutionen ausdrückt. AllianzGI erreicht das höchste Ergebnis (7.7), es wurde für 77 Prozent der ESG-Anträge gestimmt, 12 Prozent abgelehnt, was bei 11 Prozent Enthaltungen für ein verantwortungsbewusstes Abstimmungsverhalten spricht.  Mit einer Punktzahl von 7.6 folgt die Deutsche Bank, danach AXA (6.6) und R+V (6.2). Mit 5.6 schließt Alte Leipziger ab, 56 Prozent der Anträge wurden befürwortet, 21 Prozent abgelehnt. Für die Deka lagen zu wenige Daten über das Abstimmungsverhalten vor, weshalb diese nicht bewertet wurde.

Hervorzuheben ist, dass AllianzGI, Alte Leipziger und Deutsche Bank (8.0) eine höhere Punktzahl für Abstimmung erzielen mit Resolutionen zum Thema Menschenrechte, soziale oder governance-bezogene Fragestellungen. AXA und R+V im Gegensatz unterstützten häufiger Beschlüsse mit Bezug zum Klimawandel.

Die Studie verwendete öffentlich zugängliche Materialien der Investoren, etwa Jahresberichte und andere Publikationen, sowie private Quellen, vor allem Proxy Insight Online, um das Abstimmungsverhalten nachvollziehen zu können. Außerdem wurde ein Fragenkatalog an die Investoren verschickt, um unter anderem nach Abstimmungsrichtlinien zu fragen, Ergebnisse zu überprüfen und die Möglichkeit zu geben, zu diesen Stellung zu nehmen.

Basierend auf den Erkenntnissen der im März 2021 veröffentlichten Studie gibt Fair Finance International vier zentrale Handlungsanweisungen:

  1. Sie fordern klare Richtlinien für das Abstimmungsverhalten mit ESG Bezug und einer öffentlichen Rechenschaftspflicht, falls diese nicht eingehalten werden. Dies beinhaltet Verhaltensvorgaben für kritische Abstimmungen und sichert verantwortungsbewusste Abstimmungen. Die Einführung und Umsetzung dieser Richtlinien muss durch die Investoren überwacht und öffentlich begründet werden.
  2. Des Weiteren sollte die Transparenz zum Abstimmungsverhalten erhöht werden, beispielsweise durch eine Veröffentlichung auf eigenen Internetseiten. Außerdem kann der Einfluss und die Wirksamkeit der Abstimmungsentscheidung gesteigert werden, wenn diese bereits vor den Hauptversammlungen publik gemacht werden.
  3. Zusätzlich fordert Fair Finance mehr proaktives Verhalten der Aktionäre, zum Beispiel das Einbringen von eigenen Anträgen und betont die Möglichkeit, dies im Kollektiv zu machen, um den Druck zu erhöhen. Bisher hat von den untersuchten Investoren nur AXA IM die Initiative ergriffen und einen Antrag mit Bezug auf ESG Themen gestellt. Fair Finance betont, dass aktives Aktionärstum neben Stimmrechtsausübung auch weiterführendes Engagement erfordert, so zum Beispiel das Einbringen von Anträgen. Dies lenkt Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und kann vor allem im Zusammenschluss von mehreren Investoren ein wichtiger Baustein sein, um Veränderung im Unternehmen anzustoßen. In diesem Zusammenhang verweist Fair Finance auf die Empfehlung 31 des Sustainable Finance Beirats, die es Investoren erleichtern soll, Einfluss auf ESG-Fragestellungen in Unternehmen zu nehmen. Für weiterführende Informationen und Bewertung dient dieser Beitrag von CRIC.
  4. Zuletzt sollen Mechanismen entwickelt werden, um Abstimmungen von Vermögensverwaltern zu kontrollieren und nachvollziehen zu können. Wenn für die gleiche Abstimmung Stimmen einer Verwaltung aufgeteilt wurden, sollen Investoren in der Lage sein, überprüfen zu können, ob nach ihren Richtlinien und Anweisungen gestimmt wurde.

 

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