Rückblick Engagement-Dialoge #1: Die Perspektive der kleinen und mittelgroßen Investoren

Am 22. Juni diskutierten Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen im Rahmen der Auftaktveranstaltung zur neuen CRIC-Reihe Engagement-Dialoge über Dialogstrategien und aktives Aktionärstum von kleinen und mittelgroßen Investoren. Antje Schneeweiß, Geschäftsführerin des Arbeitskreises kirchlicher Investoren der Evangelischen Kirche in Deutschland (AKI), erleichterte den thematischen Einstieg, indem sie Engagement an einem konkreten Beispiel veranschaulichte: ein Dialogprozess mit der deutschen Automobilindustrie zu ökologischen und sozialen Aspekten in der Zulieferkette für Seltene Erden.

Im Rahmen der Engagement-Aktivität, die über den AKI hinaus für weitere, auch nicht-evangelische Akteure geöffnet ist, konnte bislang beobachtet werden, dass die angesprochenen Unternehmen für das Thema sensibilisierter sind und sich teils in entsprechende Brancheninitiativen einbringen. Für ein erfolgreiches Engagement müssen vor dem Hintergrund der Erfahrungen von Antje Schneeweiß drei Perspektiven zusammengedacht werden: die der Investoren, die Eignung des Themas und die der Zielunternehmen.

Engagement zu Steuervermeidung

Mauro Meggiolaro, Koordinator von Shareholders for Change (SfC), stellte in einem zweiten Vortrag das Engagement seines Netzwerkes zu Steuervermeidung bei großen Telekommunikationsfirmen vor. Nach einer ausführlichen Recherche schrieben sie in einer ersten Phase Briefe mit detaillierten Fragen an Unternehmen, da bedauerlicherweise wenig Transparenz herrscht und kaum öffentliche Daten verfügbar sind. In einem zweiten Schritt sollen Unternehmen nun dazu bewegt werden, verbindliche Ziele zu benennen. Die bisherigen Ergebnisse dieses Engagement hat SfC in einem Bericht veröffentlicht.

Bei der Themenwahl legt SfC den Fokus vorzugsweise auf sogenannte „Orphan Issues“. Dies sind Themen, die von anderen (großen) Investoren nicht aufgegriffen werden. Hinzu kommt Engagement zu Menschenrechten, Rechte von Arbeitnehmenden und zum Klimawandel. Methodisch und strategisch hat SfC verschiedene Eskalationsstufen festgelegt, die dann greifen, wenn Zielsetzungen nicht erreicht werden. Eine solche Maßnahme kann sein, dass Themen, bei denen über Dialoge keine Fortschritte erzielt werden konnten, öffentlich auf Hauptversammlungen angesprochen werden.

Die Bedeutung von Zusammenarbeit und externer Expertise

In der folgenden Diskussion betonte Jutta Hinrichs, Verantwortliche der Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit bei der Pax-Bank, die Bedeutung von kooperativem Engagement. Auf dieses Weise könnten Kräfte gebündelt, Ressourcen geschont und der Einfluss erhöht werden. Sehr bedeutend ist aus ihrer Sicht auch, in Engagement-Prozesse externe Expertise einzubinden, etwa von NGOs und der Wissenschaft.

Christoph Klein ist als Gründer, geschäftsführender Gesellschafter und Portfoliomanager der ESG Portfolio Management GmbH an mehreren Engagement-Prozessen beteiligt. Er stellte unter anderem das von ihm initiierte Engagement mit Kellogs vor, bei dem es um die Reduktion von Verpackungen und Plastikverbrauch ging. Nachdem ein Schreiben an die Investors-Relation-Abteilung unbeantwortet blieb, trug er diesen Engagement-Fall auf die Collaboration Platform von PRI und konnte auf diese Weise mit anderen Investoren zusammen Gehör finden. Auch dieses Beispiel soll kleine Investoren ermutigen, sich auf Plattformen zusammenzuschließen. 

Die Empfehlungen des Sustainable Finance-Beirats der Bundesregierung

Silke Stremlau, stellvertretende Vorsitzende des Sustainable Finance Beirats der Bundesregierung, berichtete über Empfehlungen des Gremiums, die das Potenzial von Engagement in Deutschland erhöhen sollen.

Zunächst fordert der Beirat eine gesetzliche Klarstellung, die kollaboratives ESG-Engagement klar von Investorenabsprachen auf informeller Ebene (Acting in Concert) abgrenzt und Investoren somit Rechtssicherheit bei gemeinschaftlichem Vorgehen gibt. Des Weiteren soll ein deutscher Stewardship-Code, ein Verantwortungs-Kodex, entwickelt werden, mit dem Ziel, ein Rahmenwerk für Engagement zu bieten und als Leitlinie für das individuelle Engagement von Investoren zu dienen. Zum dritten soll eine Plattform entstehen, etwa dem Beispiel von Eumedion in den Niederlanden folgend, um kleine und mittelgroße Investoren zusammenzubringen und dadurch ESG-Engagement gemeinsam voranzubringen zu können.

Alle drei Empfehlungen stammen aus der Empfehlung 31 zum Engagement institutioneller Investoren im Abschlussbericht des Sustainable Finance Beirats, die nicht jedoch in die Sustainable Finance-Strategie der Bundesregierung aufgenommen wurde.

Mehrheitliche Zustimmung zu ESG-Engagement-Plattform unter den Teilnehmenden

Auch 42 Prozent der Teilnehmenden sehen in solch einer Plattform einen entscheidenden Beitrag für aktives Engagement. CRIC hatte unter ihnen eine Kurzumfrage durchgeführt. Nach Überzeugung der fünf Panelisten und Panelistinnen kann eine solche Plattform zum Beispiel für den Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer hilfreich sein. Für weitere 58 Prozent der Teilnehmenden ist eine solche Plattform nicht das zentrale Element, aber ein Baustein neben anderen. Niemand gab an, dass einem solchen Vorhaben keine Priorität eingeräumt werden sollte.

Kritisch wurde zur vorgeschlagenen ESG-Engagement-Plattform angemerkt, dass es von großer Bedeutung sein wird, kleinen Initiatoren die Möglichkeit zu geben, diese Plattformen aktiv mitzugestalten. Bei einem sehr standardisiertem Vorgehen könnten „Überraschungsmomente“, die potenziell gerade kleinen und mittelgroßen Investoren gelingen, verlorengehen.

Die besondere Rolle von kleinen und mittelgroßen Investoren

In einer zweiten Kurzumfrage bejahten zum Ende der Veranstaltung 40 Prozent der Teilnehmenden, dass kleine und mittlere Investoren Vorteile gegenüber großen im Bereich Engagement haben, da sie beispielsweise schneller und wendiger agieren können. 58 Prozent waren der Meinung, dass kleine und mittlere Investoren nicht immer etwas leisten können, was größeren schwerer fällt, sondern dies fallabhängig zu bewerten ist. Zwei Prozent waren der Ansicht, dass andere Anlagestrategien bei dieser Investorengruppe Vorrang haben sollten.

Einigkeit bei den Expertinnen und Experten besteht darüber, dass qualitatives Engagement von kleinen und mittelgroßen Investoren, allein oder im Zusammenschluss, Unternehmen auf dem Weg der Transformation helfen kann, indem beispielsweise konstruktive Kritik geäußert wird und somit zu positiven Veränderungen beigetragen werden kann. Grundsätzlich zeigen Erfahrungen, dass kleine und mittelgroße Investoren durchaus als qualifizierte Ansprechpartner wahrgenommen werden – und alle können daran arbeiten, sich in diese Richtung zu entwickeln.

Wir bedanken uns für alle Beiträge und die rege Diskussion sowohl bei den Referierenden als auch bei allen Teilnehmenden!

Mitschnitt und nächster Engagement-Dialog

Die Veranstaltung ist aufgezeichnet worden. Wir bitten darum, bei Interesse daran eine E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu senden. Wir schicken Ihnen den Link dann gerne zu.

Herzlich einladen möchten wir zur zweiten Runde der Engagement-Dialoge, mit dem Titel Die Unternehmensperspektive – Erfahrungen und Einfluss auf die Nachhaltigkeitsstrategie, welche am 21. Oktober 2021 um 14 Uhr online stattfinden wird.

Die Präsentationen und das Programm zum Download:

· Präsentation von Antje Schneeweiß (AKI) 

· Präsentation von Mauro Meggiolaro (SfC) 

· Präsentation von Christoph Klein (ESG Portfolio Management GmbH) 

· Das Programm zur Veranstaltung 

Zum Weiterlesen:

· AKI: Engagement im AKI 

· CRIC: Nachhaltige Finanzen. Mit aktivem Aktionärstum und Engagement Wandel bewirken 

· CRIC: Sustainable Finance-Beirat fordert rechtliche Basis für kollaboratives ESG-Engagement 

· SfC: Bad Connection – Engagement results June 2020: Our engagement with European telecommunication companies on tax related issues 

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