Drei Fragen an CRIC-TANK-Mitglied Dr. Catherine Marchewitz

„Das Zusammenspiel zwischen Geber- und Empfängerländern insgesamt erfordert neue Prinzipien der Kooperation"

Dr. Catherine Marchewitz ist langjähriges CRIC-Mitglied und engagiert sich seit Mai 2021 auch im CRICTANK. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Klimapolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Promoviert hat Dr. Catherine Marchewitz zum Thema "NGOs als Kapitalmarktakteure" und berichtet im Gespräch mit CRIC unter anderem von ihren Beweggründen zur Beschäftigung mit Shareholder Engagement und ihrer Tätigkeit in der Forschungsinitiative CRICTANK

CRIC: Sie haben bereits 2011 Ihre Promotion zum Thema „NGOs als Kapitalmarktakteure“ abgeschlossen. Was hat Sie dazu bewegt, sich mit dem Thema Shareholder Engagement intensiver auseinanderzusetzen?

Dr. Catherine Marchewitz: Ich habe mich in meinem Studium der Sozialwissenschaften und BWL schon immer interdisziplinär mit Themen beschäftigt, so zum Beispiel in meiner Diplomarbeit mit Non-Profit-Marketing. Für meine Umfrage habe ich damals eine größere deutsche NGO gewinnen können und auch Interviews mit Stiftungen geführt. Nach dem Studium habe ich als Unternehmensberaterin für die Finanzbranche gearbeitet und im Anschluss daran für einen Asset Manager, der Pionier in nachhaltigen Geldanlagen war. Ich habe mich zu der Zeit viel mit der Frage beschäftigt, wie Corporate Social Responsibility (CSR) vorangebracht werden kann, 2008 gab es noch nicht wirklich viel staatliche Regulierung in diesem Bereich für Unternehmen.
Auch Shareholder Engagement in Verbindung mit CSR fand damals in Deutschland und vielen europäischen Ländern kaum Beachtung. In den USA und Großbritannien war das Thema jedoch bereits seit vielen Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Der Fokus lag hier damals insbesondere auf der historischen Entwicklung, Hedgefonds-Aktivismus und der möglichen finanziellen Auswirkung auf die Unternehmensperformance. Als relevante Akteure wurden entweder Hedgefonds oder institutionelle Akteure untersucht, zivilgesellschaftliche Akteure wie NGOs wurden bis auf wenige Ausnahmen nicht berücksichtigt. Und doch erwarben NGOs wie Amnesty International, Greenpeace, Friends of the Earth oder der WWF Aktien großer Aktiengesellschaften und waren auf Hauptversammlungen im Zusammenhang mit Umwelt- und Menschenrechtsthemen aktiv.
So kam ich zu dem Entschluss, Kapitalmarktthemen mit sozialen und ökologischen Aspekten zu verknüpfen und NGOs als relevante Akteure zu beleuchten. Andocken konnte ich mein Forschungsvorhaben damals an ein Projekt im Bereich Global Governance bei meinem Doktorvater Prof. em. Dr. Klaus Dieter Wolf, ehemals Professor für Internationale Beziehungen am Institut für Politikwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt.
Es freut mich zu sehen, dass sich das Forschungsfeld rund um Shareholder Engagement seitdem rasant entwickelt hat, insbesondere mit Bezug auf ökologische, soziale und Governance-relevante Fragestellungen.

CRIC: Seit letztem Jahr sind Sie Teil der Forschungsinitiative CRICTANK. Welche Projekte beschäftigen Sie hier besonders – eventuell aufgrund Ihres beruflichen Hintergrundes in der transformativen Wirtschaftsforschung mit Schwerpunkt auf Klimaneutralität und Sustainable Finance am DIW?

Dr. Catherine Marchewitz: In dem Team der Forschungsinitiative CRICTANK beschäftigen wir uns mit aktuellen Fragestellungen rund um das Thema nachhaltige Geldanlage und versuchen, diese interdisziplinär anzugehen und zu beleuchten. Das ist besonders spannend und bringt immer wieder neue Erkenntnisse, da im Team eine Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen vertreten ist. Mich interessiert insbesondere das Zusammenspiel verschiedener Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Verbindung mit nachhaltigen Geldanlagen sowie der Bereich Shareholder Engagement und die Verbindung der Themenfelder Klimaschutz, Sustainable Finance und digitale Technologien.
Die Fragestellungen mit denen ich mich am DIW in der Abteilung Klimapolitik befasse liegen an der Schnittstelle von Realwirtschaft, Politik und Finanzmarkt. Für die Transformation der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität braucht es Innovationen und Investitionen, gerade auch innerhalb der heute CO2 intensiven Branchen und Unternehmen. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns mit der Dekarbonisierung der emissionsintensiven Grundstoffindustrie wie z.B. in den Sektoren Stahl und Zement sowie transitorischen Klimarisiken. Denn diejenigen Unternehmen, die sich erfolgreich in Richtung Klimaneutralität positionieren, haben sowohl Wettbewerbsvorteile als auch Wachstumspotential. Industrieunternehmen brauchen daher ein Instrument an der Hand, um bei Finanzierungen nicht benachteiligt oder ausgeschlossen zu werden. Die Finanzierungsseite wiederum muss Transformationsrisiken und -chancen in ihren Investitionsvorhaben und im Risikomanagement abbilden und berücksichtigen. Unser Fokus liegt hier aktuell auf der Frage, inwiefern Szenarioanalysen als Instrument zur Bewertung, zum Management und zur Kommunikation unternehmensspezifischer Klimarisiken und -chancen dienen können.

CRIC: Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschung auch mit der internationalen Klimafinanzierung. Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie hier 2022 für Deutschland, die EU und die internationale Gemeinschaft?

Dr. Catherine Marchewitz: Bereits in Kopenhagen 2009 aber auch nochmal im Pariser Klimaabkommen haben sich die Industriestaaten verpflichtet, in Entwicklungs- und Schwellenländer Maßnahmen zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes sowie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu finanzieren.
In dem von der Internationalen Klimainitiative (IKI) geförderten Projekt beschäftigen sich meine KollegInnen und ich mich der Fragestellung, wie die internationale Klimafinanzierung verbessert werden und die Umsetzung der nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) in Brasilien, Deutschland / der EU, Indien, Indonesien und Südafrika unterstützen kann.
Die zukünftigen Herausforderungen bestehen darin, bestehende Defizite in Bezug auf Effektivität, Transparenz und Höhe verbindlicher Zusagen für die CO2-Minderung sowie die Klimaanpassung genauer zu analysieren und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Das Zusammenspiel zwischen Geber- und Empfängerländern insgesamt erfordert neue Prinzipien der Kooperation – bisher basieren sie weitestgehend auf Mechanismen der Entwicklungszusammenarbeit die stark anreizbasiert sind. Ein kontroverses Thema in den internationalen Klimaverhandlungen ist auch die Ausgestaltung der Monitoring-, Berichterstattungs- und Überprüfungsprozesse. Hier zu mehr Transparenz und Verbindlichkeit zu kommen und ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen ist eine wesentliche Voraussetzung, um das dringend benötigte Kapital aus dem privaten Sektor zu mobilisieren. Insgesamt muss dieser wesentlich stärker einbezogen werden, wenn es darum geht, die Klimaziele zu erreichen. Aspekte sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit müssen ebenfalls mehr berücksichtigt werden.

Das Gespräch führte Sarah Albers, Studentische Mitarbeiterin bei CRIC.

Bereits erschienen in der Reihe Drei Fragen an sind:

© 2023 CRIC e.V. Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. All Rights Reserved.
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.