Drei Fragen an Mitglied der CRIC-Geschäftsführung Dr. Claudia Döpfner

"Die Bandbreite an möglichen Themen, an denen man im Kontext von Sustainable Finance wissenschaftlich arbeiten kann, ist immens."

Dr. Claudia Döpfner ist als Gründungsmitglied ein wahres CRIC-Urgestein und unterstützt den Verein nach einer Mitarbeit im Vorstand seit 2011 als Mitglied der Geschäftsführung. Im Kurzinterview „Drei Fragen an …“ spricht sie über die Gründungszeit von CRIC, den Wert des interdisziplinären Arbeitens, den Sustainable Finance Award, Rating-Agenturen und vieles mehr. 

CRIC1997 wurde der Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden (FHL) veröffentlicht, an dem Sie mitgewirkt haben. Hieraus ist CRIC als Nachfolgeinitiative hervorgegangen und Sie selbst sind Gründungsmitglied. Wie blicken Sie auf diese frühen Jahre des Vereins und welche ursprünglichen Intentionen sind bis heute bestimmend?

Dr. Claudia DöpfnerIch bin 1996, also erst in der Schlussphase der Entstehung des Frankfurt-Hohenheimer Leitfadens als studentische Hilfskraft, die ganz konkret für dieses Forschungsprojekt eingestellt wurde, dazu gestoßen. Die Monate vor der öffentlichen Präsentation des Leitfadens waren jedoch extrem intensiv, sodass ich viele Gelegenheiten hatte an den Arbeitstreffen in Frankfurt (am Lehrstuhl von Prof. Johannes Hoffmann) und im Wechsel in Stuttgart-Hohenheim (am Lehrstuhl von Prof. Gerhard Scherhorn und seiner damaligen Assistentin Dr. Lucia Reisch) teilzunehmen. Bei diesen Treffen, bei denen an den finalen Kriterien und den Begleittexten gefeilt wurde, durfte ich erleben, was interdisziplinäres Arbeiten bedeutet und wie es im besten Sinne praktiziert werden kann, in einem „Klima“ gegenseitiger Wertschätzung und im Grunde Gleichberechtigung aller Mitglieder der damaligen Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating - auch mir, der Studentin, gegenüber.

CRIC wurde dann im Jahr 2000 gegründet, mit der Intention eine „Investorengemeinschaft“ zu etablieren, die sich dafür stark macht, dem wissenschaftlich fundierten Kriterienkatalog Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden am Markt eine kraftvolle Stimme zu verleihen und für die Umsetzung einzustehen - mit dem Ziel „unsere Welt gerechter, umwelt- und kulturverträglicher zu gestalten“.

Wir haben in dieser Gründungsphase eine Reihe wunderbarer, engagierter Mitstreiter, insbesondere aus den Reihen der Ordensgemeinschaften, gewinnen können, die mit viel Herzblut die Idee unterstützt haben und auch bereit waren Geld hierfür zu investieren, sogar ihre Portfolios offenzulegen, an denen die Kriteriologie des Frankfurt-Hohenheimer Leitfadens in Zusammenarbeit mit der damaligen oekom research AG dann erstmals erprobt werden konnte. Ich bin froh, dass ich diese frühen Jahre der „Pionierzeit“ des ethisch-nachhaltigen Investments miterleben durfte, und dass diese frühen Mitglieder, die CRIC ermöglicht haben, heute weitestgehend immer noch dabei sind und mit ihren Ideen und finanziellen Beiträgen ganz zentrale Stützen unseres Vereins sind. 

Für mich ist dieser frühe Pioniergeist, der untrennbar mit dem Anliegen verknüpft war, durch ethisch-nachhaltige Investments zu positiven Veränderungen beizutragen – lange bevor das Thema „Impact“ vom Markt entdeckt wurde –, eine ganz wichtige Basis. Genauso wichtig wie die Basis ist aber natürlich auch immer die Weiterentwicklung und die Reflexion darüber welchen Beitrag CRIC ganz aktuell leisten kann und sollte.  Und es ist schön, dass wir immer wieder auch neue Mitglieder gewinnen können, die unsere Arbeit wertschätzen und uns dabei unterstützen und ihre Ideen einbringen.

CRIC: Ihre Magisterarbeit „Zur Glaubwürdigkeit ethisch-ökologischer Geld- und Kapitalanlagen“ wurde mit dem Umweltpreis der Goethe-Universität Frankfurt am Main ausgezeichnet. Heute sind Sie selbst Mitglied in der Jury für einen Wissenschaftspreis, nämlich den Sustainable Finance Award, den CRIC und die Pax-Bank erstmalig ausgeschrieben haben. Was soll mit diesem Preis erreicht werden und was wünschen Sie sich von den eingereichten Arbeiten – z. B. in methodischer oder inhaltlicher Hinsicht?

Dr. Claudia DöpfnerIch freue mich sehr, dass ich in der Jury unseres – gemeinsam mit der Pax-Bank ausgeschrieben Preises – mitwirken darf. Und ich bin auch sehr froh, dass dieser Preis von seiner Konzeption her keine Verengung auf bestimmte Disziplinen hat, sondern grundsätzlich für alle Abschlussarbeiten im deutschsprachigen Raum offen ist (Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen). Denn das Thema „Transformation in Richtung Nachhaltigkeit“ durch Sustainable Finance verlangt genau diese Zugangsweise. Der Preis, den ich damals mit meiner Magister-Arbeit gewonnen habe, war ausschließlich als Preis für Diplomarbeiten ausgeschrieben, also ursprünglich naturwissenschaftlich angelegt. Ich fand es daher umso bemerkenswerter, dass meine theologisch-ethische Arbeit, die ich etwas „frech“ einfach eingereicht hatte, überhaupt berücksichtig wurde. Mit unserem Preis möchten wir junge Menschen für ihre innovativen wissenschaftlichen Beiträge zum Thema nachhaltige Finanzen auszeichnen, ihnen über das Preisgeld vielleicht auch eine Publikation ihrer Abschlussarbeit erleichtern. Zudem erhoffen wir uns für CRIC spannende Impulse durch diese Arbeiten und interessanten Austausch mit den jungen Autorinnen und Autoren. Was ich mir in methodischer oder inhaltlicher Sicht von den eingereichten Arbeiten wünsche? Eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Beiträge aus den verschiedensten Fachbereichen mit innovativen, kreativen und praxisrelevanten Ergebnissen …

CRIC: Sie sind Mitglied der Forschungsinitiative CRICTANK. Zu welchen Themen sollte aus Ihrer Sicht in diesem Gremium künftig (verstärkt) gearbeitet werden und was fehlt Ihnen mit Blick auf die Wissenschaft insgesamt im Kontext von Sustainable Finance? Welche Forschungsfragen sollten mehr Aufmerksamkeit erhalten?

Dr. Claudia Döpfner: Die Bandbreite an möglichen Themen, an denen man im Kontext von Sustainable Finance wissenschaftlich arbeiten kann, ist immens. Unseren CRICTANK eigenen Beitrag sehen wir darin, aus investmentethischer Perspektive Themen kritisch zu reflektieren, die wir durch andere Akteure nicht (so) abgedeckt sehen. Auf diese Weise können wir unseren je eigenen, fokussierten CRIC-Beitrag leisten, ohne den Anspruch haben zu müssen, die gesamte Bandbreite an Themen abdecken zu wollen. Ich denke, auf diese Weise konnten wir in der Vergangenheit immer wieder wichtige Impulse setzen und hoffe auch, dass uns dies bei unserem aktuellen Thema „Impact Investing aus investmentethischer Perspektive“ wieder gelingt. 

Wichtig dabei ist uns immer ein interdisziplinäres Arbeiten, bei dem wir uns durchaus auch in der Tradition der Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating sehen. Eine solche Herangehensweise würde ich mir insgesamt auch mehr von der Wissenschaft im Kontext von Sustainable Finance wünschen. Für mich ganz persönlich ist ein „Steckenpferd“ das Thema der Rolle der Nachhaltigkeitsratings im Kontext eines sehr gewandelten Marktes: aus der Nachhaltigkeitspionier-Nische mit den ganz engagierten Persönlichkeiten, die diese Rating-Agenturen in den 90er Jahren gegründet haben, heraus zu den großen Dienstleistern des Nachhaltigkeitsmainstreams. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Wie können Nachhaltigkeitsratings heute noch ihre ursprünglich so innovative Kraft entfalten und eine Nachhaltigkeit „gestaltende“ Rolle einnehmen? Das ist tatsächlich ein Thema, das mich persönlich immer wieder beschäftigt, denn Adressat des Frankfurt-Hohenheimer Leitfadens waren ja insbesondere Nachhaltigkeitsratings-Agenturen … und vielleicht können wir uns dieser Fragestellung im CRICTANK ja einmal annehmen.      

Dr. Claudia Döpfner studierte nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau Kathologische Theologie, Rechtsphilosophie und Kunstgeschichte. Sie promovierte anschließend über kulturverträgliches Kunstsponsoring und ist CRIC-Gründungsmitglied. Nach mehreren Jahren im Vorstand ist Dr. Claudia Döpfner 2011 in die CRIC-Geschäftsführung gewechselt. 

Das Gespräch führte Sarah Albers, Studentische Mitarbeiterin bei CRIC. 

Bereits erschienen in der Reihe Drei Fragen an sind:

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